Spielzeugfreier Kindergarten

Seit anfangs Jahr sind die Oftringer Kindergärten ohne Spielsachen. Schuld sind nicht dreiste Diebe oder Räuber, sondern die Suchtprävention Aargau.

Alle zwei Jahre verschwinden die Spielsachen für ein Quartal aus den Kindergärten. Das Phänomen zieht sich durch den ganzen Kanton, streckenweise durchs ganze Land bis nach Skandinavien!

«Mir ist langweilig!»

In der Schweiz hat die Suchtprävention Aargau den kreativen Virus in die pädagogische Welt gesetzt: Kinder leiden oft an Langeweile, trotz prallgefüllter Spielkisten, SUVA-geprüften Spielplätzen und Geschenke-Überfluss. Es ist die Überfütterung mit fixfertigen Spielsachen, die den Kindern zusetzt, ihnen die Kreativität austreibt. Wenn die Spielsachen plötzlich weg sind, müssen die Kinder selbst etwas kreieren. «Anfangs herrscht oft Ratlosigkeit oder gar Unmut,» erklärt Catja Leuenberger, die am Kindergarten Oftringen 22 Kinder zwischen 4 und 6 Jahren unterrichtet. «Das muss ausgehalten werden, und danach passiert plötzlich viel!» Die Kinder werden erfinderisch und beginnen, mit Alltagsmaterial zu hantieren. «Meist beginnt es mit Hütten aus alten Vorhängen, mit Seifenkisten aus Kartonschachteln, und danach wird das Mobiliar zweckentfremdet.» Dabei inspirieren kreative Kinder die ratlosen Analytiker: Das ist das Erfolgsmodell, denn weniger kreative Menschen sind in der Teamarbeit stabil und verlässlich. So kommt es zu ungeahnten Synergien und vor allem zum ersehnte «Spiel ohne Grenzen». Diese Entwicklung zu beobachten, freut das pädagogische Herz!

Was hat das nun mit Suchtprävention zu tun?

«Menschen, die sich selber helfen können, resignieren weniger schnell in Problemsituationen. Sie verfügen über Lebenskompetenzen und können statt auf Suchtmittel auf eigene Ressourcen zurückgreifen, um die Situation besser zu bewältigen», sagt Susanne Wasserfallen, Suchtprävention Aargau «Die Kinder lernen, gemeinsam kreative und konstruktive Lösung zu finden.» Das beinhaltet auch Selbstwahrnehmung, Verhandlungsbereitschaft und Teamwork. Denn bei 22 verschiedenen Persönlichkeiten in einem Raum gilt es, Konflikte auszutragen und Konsens zu finden.

 

Bea Miescher